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Die Watzmann-Umrundung
Eine traumhafte Hüttenwanderung um einen der markantesten Berge Deutschlands
„Groß und mächtig, Schicksalsträchtig, Um seinen Gipfel jagen Nebelschwaden.“
Der Kult-Song von Wolfgang Ambros ist nur eine der vielen Sagen, Mythen, Geschichten und eben Lieder, die man über den Watzmann hört. Einer der deutschen alpinistischen Klassiker befindet sich in den Berchtesgadener Alpen und ragt bis zu einer Höhe von 2.713m über dem Königssee auf. Doch das markante Massiv, bestehend aus den drei Gipfeln Hocheck, Mittelspitze und Südspitze, ist nicht nur für Bergsteiger*innen ein Traumziel. Wanderfans kommen hier genauso auf ihre Kosten und können sogar noch abwechslungsreicher und tiefer in den Nationalpark Berchtesgaden eintauchen.
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Unsere Tour beginnt in der Früh am riesigen Parkplatz in Schönau am Königssee. Bereits durch die Ausmaße dieses Parkplatzes lässt sich erahnen, was hier an den Wochenenden los sein muss. Also nichts wie raus aus den Touristenmassen und ab in die Berge! Wir schultern unsere Rucksäcke und spazieren zunächst ein kurzes Stück entlang des klaren Ufers des Königssees in Richtung der Wiesen und Wälder. Dabei machen wir einen kleinen Abstecher über die Bob-Rennbahn Königsee, wo sonst Athleten mit bis zu 120 km/h durch den Eiskanal schießen. Wir folgen dem Wanderweg in den Wald und haben nach gut einer Stunde bereits unser erstes Ziel erreicht – den Grünstein. Von diesem kleinen Gipfel aus hat man einen klasse Blick über den smaragdgrün-blauen Königsee. Von hier aus geht’s weiter durch den angenehm schattigen Wald, bis wir schließlich auf der Kührointalm bei bestem Watzmann-Blick eine kleine Pause einlegen und uns mit einer kalten Johannisbeeren-Schorle erfrischen.
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Gestärkt geht auf das letzte Teilstück unserer Tagesetappe zum Watzmannhaus. Am Falzsteig wird es dann das erste Mal ein wenig anspruchsvoller. Der Steig führt auf ein paar Kehren durch eine fast senkrechte Felswand, in die ein toller Pfad eingearbeitet ist. Die Hände sollte man zum Festhalten dazu nehmen, aber nach dem leichtem Gekraxe lassen wir die Passage schnell hinter uns. Der restliche Weg bis zum Watzmannhaus ist ein schöner und gut ausgebauter Wanderweg, der immer wieder großartige Blicke auf die massiven Felswände des Watzmann und der Watzmannfrau (kleiner Watzmann) freigibt. Auf dem Watzmannhaus angekommen, lassen wir den restlichen Nachmittag bei schönster Aussicht und einem Weißbier ausklingen. Das Abendessen auf der Hütte ist superlecker und man spürt schon die Vorfreude der anderen Hüttengäste, die morgen in Richtung Gipfel aufbrechen wollen.
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Am nächsten Morgen frühstücken wir gemütlich um 06:30 Uhr. Wir sind fast allein im großen Speisesaal, da schon viele Gruppen für die zeitaufwendige Watzmann-Überschreitung früh aufgebrochen sind. Wir starten anschließend in gleicher Richtung hinauf zum Hocheck. Je nach Wunsch kann man sein Gepäck auf dem Watzmannhaus lassen, da man auf dem Rückweg auch wieder hier vorbeikommt. Das Gelände ist anfangs noch gutmütig. Im Laufe des Anstiegs wird es jedoch auf immer schroffer, gerölliger und felsiger. Man merkt man recht schnell, dass man sich im alpinen Gelände befindet und im Vergleich zum gemütlichen Eingehen von Gestern, nun immer häufiger die Hände zur Unterstützung dazu nehmen muss. Das Highlight ist ein stahlseilversicherter Abschnitt, der ca. 15 – 20 Meter Kraxelei im ersten I bis II Schwierigkeitsgrad bedeutet. Eine großartige, abenteuerliche Abwechslung, die aber zu keiner Zeit wirklich gefährlich ist, da das Stahlseil stets griffbereit ist.
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Nach gut 700 Höhenmetern Aufstieg und etwa zwei Stunden erreichen wir den Gipfel des 2.651 m hohen Hochecks. Der 360-Grad Panoramablick ist fantastisch und man kann sowohl ins Voralpenland als auch in die spektakuläre Watzmann-Überschreitung schauen – wirklich beeindruckend! Nach einer ausgiebigen Pause geht’s wieder den gleichen Weg zurück in Richtung Watzmannhaus. Von dort aus geht der Abstieg weiter bis fast ins Tal hinunter, diesmal in die andere Himmelsrichtung.
Über den Wimbachweg folgt der streckenmäßig lange, aber nie steile Aufstieg vorbei am Wimbachschloss, bis man nach gut drei Stunden an der Wimbachgrieshütte angekommen ist. Die Landschaft hier hat es echt in sich! Ein Mix aus Mondlandschaft und alpiner Überlebensfauna breitet sich in dem ausgewaschenen, ehemaligen Gleitschertal aus. Die Hütte ist superurig und nach der anstrengenden Etappe freuen wir uns über das schmackhafte Essen. Hier herrscht eine sehr gelöste Stimmung, da viele Leute die Watzmann-Überschreitung hinter sich haben. Das ein oder andere Gesicht kennt man bereits vom Vorabend und so hat der Abend einen lässigen Verlauf, und viele Berggeschichten werden an den Tischen erzählt.
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Die vorletzte Etappe steht an und führt uns über den Talschluss hinauf in Richtung steinernes Meer. Wir durchqueren die bizarre, aber wunderschön abwechslungsreiche Landschaft des Wimbachgries und finden uns recht schnell im Aufstieg zum Hundgstodgatterl wieder. Anfangs verläuft der Weg noch größtenteils im Schatten, aber nach der Abzweigung am Trischübel ist man fast ausschließlich der Sonne ausgesetzt. Daher sollte man auch die Chance nicht verpassen die Wasservorräte an der Hundstodgrube wieder aufzufüllen. Der anschließende Weg durch die Ausläufer des steinernen Meeres verlauft nämlich durchweg sonnig und ohne schattige Rastplätze für einige Stunden. Dafür ist die Umgebung aber wieder eine komplett andere. Durch ein felsiges, karges und schroffes Landschaftsbild bewegen wir uns langsam in Richtung Hundstodsgatterl fort. Die Spuren auf dem Fels lassen erahnen, dass hier oben einst ein Gletscher gewesen sein muss. Schleifspuren, Wassereinschlüsse und bizarre Formationen lassen sich beim genaueren Hinsehen erkennen.
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Am Hundstodgatterl angekommen stockt uns kurz der Atem. Der Blick von hier auf das steinerne Meer ist phänomenal. Eine weitläufige felsige Landschaft, welche durch teils schorfiges Gelände mit grünen Sprenkeln durchsetzt ist. Von hier aus sind es nur noch knapp zwei Stunden bis zum Kärlingerhaus. Hier angekommen belohnen wir uns erstmal mit einem beherzten Sprung in den eiskalten Funtensee. Die langen Strapazen vom heißen Tag sind wie weggeblasen. Der restliche Abend verläuft gemütlich auf der Hüttenterrasse mit schon fast kitschigem Blick über den See.
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Der letzte Tag bricht an und nur schweren Herzens machen wir uns auf den Rückweg in Richtung Zivilisation. Anfang geht es gemütlich dahin und die ersten Höhenmeter im Abstieg sind schnell gemacht. Dann erreichen wir die Saugasse, welche ein Steilstück zwischen zwei Felswänden mit einer Breite von ca. 20 – 30 Metern ist. Sehr imposant schlängeln sich die Serpentinen in engen Abständen hinab, der Weg ist aber gut ausgebaut. Trotzdem sind wir froh, dass wir das Stück absteigen und nicht aufsteigen müssen. Es geht weiter abwärts durch die abwechslungsreiche Landschaft, bis wir nach gut zweieinhalb Stunden das erste Mal den Königsee aufblitzen sehen. Das Wetter ist auch heute wieder traumhaft und nach einer weiteren dreiviertel Stunde finden wir uns am Seeufer wieder. Niemand kann dem erfrischend aussehenden Wasser widerstehen und so legen wir noch mal eine ausgiebige Badepause an einer ruhigen Stelle ein. Von hier läuft nur noch knapp 15 Minuten zur Wallfahrtskirche St. Bartholomä. Die kreisförmig errichtete, barocke Kirche wirkt wie ein Postkarten-Motiv mit dem See im Vordergrund und der mächtigen Watzmann-Ostwand im Hintergrund. Mit den klassischen Königssee-Booten geht zur nach Schönau. Auf der Bootsfahrt lassen wir die Tour noch mal Revue passieren und sind begeistert. Abwechslungsreicher und schöner können vier Tage Hüttenwandern kaum sein!
"Watzmann, Watzmann, Schicksalsberg, Du bist so groß und i nur a Zwerg. " - Wolfgang Ambros, "Der Berg"
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