Hippo Im Schlafsack
Wusstet ihr, dass Hippos lachen können? Ein tiefes trockenkehliges Lachen, das im letzten Dämmerlicht des Tages und bis in die ersten Stunden der Dunkelheit hinein ertönt. Was so entspannt gemütlich klingt, ist für die männlichen Flusspferde ein Zeichen für ihre Reviermarkierung. Und das hörte ich an manchen Abenden direkt neben meinem Zelt – eine Erinnerung, die noch lange in mir nachklingen wird.
Namibia hat mich mit seiner bunten Vogelwelt, seinen immerdornigen Bäumen und Sträuchern und bilderbuchartigen Sonnenuntergängen an den Wasserlöchern mit beeindruckenden Elefantenherden stark berührt. Während wir zu Beginn der Reise mit unserem 11-Sitzer Landcruiser über die staubigen Pisten im Hereroland immer Richtung Norden fuhren, fragte ich mich, ob diese Landschaft eintönig ist. Die Savanne lag mir in der Lunge, der Motorenlärm übertönte meine Gedanken, kein Tier weit und breit. Zebra, Khudu, Löwe und Elefant verbringen die Mittagshitze hier im winterlichen Namibia bei 30 Grad auch lieber im Schatten. Ich konnte es ihnen nicht verübeln und freute mich auf unsere vielen Gamedrives in den frühen Morgen- und Abendstunden. Die gesamten drei Wochen waren sie jedes Mal aufs Neue atemberaubend. Es war unfassbar intensiv, so nah an den Tieren sein zu können, ihre Verhaltensweisen zu beobachten und mal nicht das stärkste Lebewesen zu sein, sondern kleiner und schwächer als so ein stattlicher Elefant mit 5m Schulterhöhe.
Unsere Route führte uns viele hunderte Kilometer über buckelige Sandpisten, durch die kleinen und feinen Nationalparks von Namibia und Botswana, am Okavango entlang und mit einem Tagesausflug zu den großartigen Victoria Falls. Gebucht hatten wir die Tour beim DAV Summit Club – die können nämlich nicht nur Berge, sondern auch Abenteurreisen wie diese hier.
Bei unseren unregelmäßigen Tank-Stippvisiten in der Zivilisation kauften wir stets Wasser, Bier und Wein für die nächsten paar Tage, denn die Campsites versprachen ab vom Schuss zu sein, manche nur mit einem 4x4 zu erreichen. Unser Guide Steve hatte schon vor unserer Ankunft den Anhänger unseres Landcruisers mit Kühlschrank, Froster und zwei Wassertanks bestückt und bereits das Essen für die ersten Tage eingekauft – wir konnten also sorglos ins wilde Namibia eintauchen.
'Outdoor' in Namibia unterwegs
Im Khaudum-Nationalpark hatten wir kein Wasser auf der Campsite, weil die Elefanten die Leitung zerstört hatten, aber wer braucht schon eine Dusche, wenn er die Wildnis Afrikas direkt vor seinem Schlafsack hat? This is Africa! Das ist die Wildnis, die ich drei Wochen erleben durfte. Wir sind im Grunde jeden zweiten Tag von Park zu Park gefahren, hatten also meist zwei Nächte an einem Ort. Bei jeder Ankunft auf der nächsten Campsite hieß es für alle, alle Zelte vom Hänger, unsere Taschen und Isomatten abladen, dann die Zelte aufbauen, unsere Tische mit Stühlen aufstellen und, natürlich, Kaffee kochen. Ein schönes Ritual, denn unsere 'Kaffeebar' war meist eine offene Klappe am Hänger, auf der alle Tassen, der erstaunlich leckere Instant-Kaffee sowie Milch und Zucker bereitstanden. Steve bereitete meistens währenddessen schon das Lagerfeuer für's Abendessen vor.
Outdoor in Namibia bedeutet, dass es überall wilde Tiere gibt, die Campsites haben keine Zäune, nachts laufen Elefanten, Hippos und Schakale zwischen den Zelten hindurch. Tagsüber geht man nicht unbedingt weit weg von den Zelten und der Gruppe. Wenn man bei Dunkelheit auf Klo musste, war es das beste, die 'Buschtoilette' direkt neben dem Zelt zu nutzen oder es sich bis zum Morgen zu verkneifen (ich wählte die zweite Option). Nachts gehört das Gelände den Tieren, das hörten wir sehr deutlich, sobald die Sonne glutrot hinter dem Horizont verschwand. Jeden Abend lauschte ich der großartigen Symphonie – den Schlafsack bis zur Nase gezogen –, die mich sanft und wohlklingend in den Schlaf wog.
Das wichtigste Credo war immer: Hör' immer auf Deinen Guide! Hat da nicht was im Busch geraschelt? Haben wir gestern Abend nicht einen Löwen brüllen hören? Geh nicht so nah ans Wasser ran. Liegt da etwa ein Krokodil?
In einem Camp trauten sich die niedlichen Meerkatzen nach an uns heran und versuchten uns zu beklauen – jetzt weiß ich, wo der Begriff 'Affentempo' seinen Ursprung hat; die Kleinen sind verdammt schnell. Einer von uns konnte sie aber mit lautem Gebrüll in die Flucht schlagen – zur großen Freude für den Rest der Gruppe, eine Gaudi war's.
Outdoor in Namibia bedeutet auch, dass wir unser Abendessen auf den Campsites immer über einem Holzfeuer zubereiteten. Steve war ein Virtuose am Kochtopf. Khudu, Springbock, Elan und auch Hähnchen oder Schwein waren immer perfekt gebraten, dazu dann namibisches Chutney sowie Süßkartoffeln, Kürbis mit Zimt oder Feta. Und klar, alle halfen mit: Tisch eindecken, Gewürze reichen, Holz nachlegen, spülen, wegräumen. Im Grunde waren wir ein immer beschäftigter Ameisenhaufen, ständig bemüht, das temporäre Zuhause gemütlich herzurichten. Outdoor bedeutet hier natürlich auch, nur sporadisch Strom zur Verfügung zu haben. Steve hat aber einfach an alles gedacht, auch daran, wie wir Touris alle unsere Akkus und Handy laden können. Das war wirklich meine größte Sorge und daher hatte ich auch einige Powerpacks dabei, die ich nicht einmal habe anzapfen müssen. Steve hatte für die Campsites mit Strom eine Verteilersteckdose direkt mit Adapter für europäische Ladegeräte dabei. Und während der Fahrt konnten wir über USB unsere Geräte laden. Ich habe mir in weiser Voraussicht vorher ein USB-Ladegerät für meinen Kameraakku gekauft und war jeden Tag mega dankbar dafür. Also alles easy, wenn man mit USB ausgerüstet ist.
Das, was wir abends vom Grill futterten, konnten wir tagsüber durch unsere Ferngläser und Kameraobjektive verfolgen. Aber mehr noch, Elefantenherden sind wir ganz nah gekommen, haben sie von Hochständen oder aus dem Auto beobachtet. Sind ganz behutsam an Hippos vorbeigefahren, haben viele kleine scheue Steinböckchen gesehen und majestätische Giraffen. Die Tiervielfalt in Namibia und im Okavango-Delta ist von einer Mannigfaltigkeit, dass es einem die Sprache verschlägt. Und nicht zu vergessen: die 'flying banana'. Der südliche Gelbschnabeltoko ist der für mich frechste Vogel Namibias und hat uns meist morgens aus dem Zelt gekrächzt. Sobald Essen auf unserem Tisch stand, war ein Toko-Pärchen mit ihren auffalend gelben langen Schnäbeln nicht weit und wartete recht ungeduldig, dass sie ein paar Krümel abkriegen würden.
A propos Futter: Auf einer Campsite hatten wir sogar die Möglichkeit im Okavango zu baden. Öhm, echt jetzt? Ist das denn sicher bei den ganzen Krokodilen und Hippos? Freuen die sich nicht schon auf ein fettes Menschlein? Wenn man den Spieß mal umdreht und statt der Tiere die Menschen in einen Käfigpool packt, dann konnte man absolut sicher baden gehen. Es war einfach nur herrlich!
Ein weiteres Highlight waren die weltbekannten Victoria Falls, denen wir einen Besuch abstatteten. Eigentlich heißen sie Mosi-oa-Tunya, was soviel bedeutet wie 'donnernder Rauch'. Und oh ja, es donnerte auf ca. 1700m Länge ganz ordentlich und der Sprühnebel verlieh dem ganzen Canyon den Charme eines brodelnden Hexenkessels. Der breiteste durchgehende Wasserfall der Erde – und ich mittendrin, im Wassernebel, im Fotorausch, laufend von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt. Ich habe so viele Regenbögen an diesem Ort gesehen, wie sonst innerhalb eines halben Jahres. Ich glaube, Regenbögen werden hier an diesem magischen Ort geboren und dann fliegen sie in die Welt hinaus, um überall farbenfroh zu erscheinen. Wir mussten leider irgendwann zusehen, dass wir uns auf den Rückweg machten, denn die Grenze von Simbabwe zurück nach Namibia wurde um 18 Uhr geschlossen. Wer später kam, hatte Pech gehabt. Einfache Kiste.
Mit vollem Bauch nach einem wiedermal guten Abendessen, ging es dann ab in den Schlafsack. Während ich lautstark meinen Schlafsack, diverse Klamottenberg und die Isomatte herumschob und stapelte, damit es bequem würde, bekam ich nicht mit, wie sich vor dem Zelt ein Hippo schmatzend näherte. Und dann schnaubte es kurz, ich saß senkrecht, mein Herz pochte wie wild und das Hippo hatte wohl einfach nur etwas Wasser in der Nase gehabt. Etwas weiter weg ertönte wieder das Lachen – ich glaube, die Hippos machen das absichtlich, um uns Touris zu ärgern. Ich als Hippo würde es auf jeden Fall tun.