Hochtourenkurs in den Stubaier Alpen

Von Gipfelschoki, Wetterglück und Genussmomenten

Mein Hochtourenkurs mit Zuckerhütl Westgipfel in den Stubaier Alpen

Von: Lisa Brinkmann

Es ist Ende August und der Gletscherkurs mit Besteigung des Zuckerhütl Westgipfels steht kurz bevor. Wie groß die Vorfreude mal wieder ist!

Dieses Jahr ist das ganz schön gut gegangen mit den Gletschern, denk ich mir noch, bevor die Nachricht durchdringt, dass Wassermassen die Straße ins Ötztal weggerissen haben. Okay! Timing ist alles, nicht wahr? Kurzerhand ist eine Fahrgemeinschaft gebildet, Einsammelpunkte sind ausgemacht, Zugtickets storniert und mein Skoda Kombi bis oben hin voll. Über die Timmelsjoch Hochalpenstraße geht’s auf ungewöhnlich langem Weg nach Sölden. Wir treffen uns mit den anderen beiden Teilnehmer*innen und unserem Bergführer, der Rest sitzt in meinem Auto, und machen uns bald darauf zu Fuß auf den Weg von Fiegl’s Gasthaus zur Hildesheimer Hütte.

Ich kann an dem Punkt schon nicht glauben, wie viel Glück wir mit dem Wetter haben und habe die weggerissene Straße schon hier vergessen. Es ist ziemlich freundlich und wir sehen noch die Nachwehen der reißenden Bäche, die hier über den Aufstiegsweg ins Tal geflossen sind. Das ein oder andere Stück Weg wurde von diesen einfach mitgerissen.

Die Hildesheimer Hütte im Abendlicht

Auf der Hildesheimer Hütte angekommen, eröffnet sich uns ein Panorama, das seinesgleichen sucht. Bis zur Wildspitze kann ich von meinem Zimmerfenster aus schauen. Die Umgebung ist ungewöhnlich ruhig, die Hütte längst nicht ausgebucht und ich kann mein Glück kaum fassen. Ich sag ja – Timing ist alles!

Ausrüstungsausgabe, Ausrüstungscheck und das erste ziemlich leckere Abendessen später fallen wir auch schon ins Bett, um das Ausbildungsprogramm am nächsten Tag topfit starten zu können. Das Morgenrot, das ich sehe, kurz nachdem ich meine Augen geöffnet habe, verspricht erneut 1a Wetter.

Auf dem flachen Gletscher unweit von der Hütte entfernt lernen oder frischen wir das Gehen am Seil und mit Steigeisen auf, bewegen uns in unterschiedlichstem Terrain im Eis, überwinden Hindernisse mit Pickel und Steigeisen und sichern uns selbst im Eis – mit T-Anker oder Eisschraube.

Mein letzter Kurs liegt zwar erst ein knappes Jahr zurück, aber ich habe mich keine Sekunde gelangweilt. Immer kann man was Neues mitnehmen und auch jede*r Bergführer*in hat seinen/ ihren etwas eignen Stil. Übung macht sowieso einfach den Meister!

Blick vom Gipfel

Die erste Ausbildungseinheit ist abgeschlossen – auf geht’s zur Tour auf die Schaufelspitze. Über plattiges Felsgelände wandern wir zum Gipfel. What a view! Gipfelschoki wird verteilt und der erste Erfolg gefeiert. Da ist er wieder – dieser Ausblick.

Hinunter geht’s auf gleichem Weg und über den Gletscher, der heute Früh unser Ausbildungsterrain war. Das Personal der Hildesheimer Hütte übertrifft sich am Abend mal wieder selbst in Sachen Essen und Service und wir fallen erneut zufrieden ins Bett – morgen steht schließlich der Zuckerhütl Westgipfel auf dem Programm!

Gipfeltag. Und damit ein recht früher Start mit Stirnlampen. Es geht erst einmal ein paar Höhenmeter hinab – vorbei an einem malerischen See in Richtung Pfaffenferner. Wir ziehen die Steigeisen an und überqueren den ersten Gletscher des Tages. Die Morgenstimmung und das Licht hauen mich um. Außerdem diese Stille! Das einzige Geräusch, was ich höre, stammt von den Steigeisen an unseren Füßen. Am felsigen Pfaffenjoch, das den Übergang zum größeren Sulzenauferner darstellt, legen wir eine Pause „zum Genießen“ ein – wie es Michl, unser Bergführer, der nicht nur fachlich top ist sondern auch als Mensch große Klasse, ausdrückt.

Seilschaft am Gletscher bei bestem Wetter

Die Sonne streift bald unsere Gesichter und da es bis vor kurzem noch auf den Gletscher geschneit hat, erstrahlt hier alles in Weiß. Traumkulisse! Die ein oder andere Gletscherspalte über eine Schneebrücke überwindend, finden wir bald den Weg über steileres Gelände zur Pfaffenschneid. Den zweiten Gipfel haben wir damit in der Tasche!

Weiter geht’s über schönes Felsgelände mit leichter Kletterei, gesichert von unserem Bergführer, zum Gipfel. Der Westgipfel ist erreicht und so eng, dass wir alle gesichert nebeneinander hocken. Auch mal eine neue Erfahrung!

Abseilen vom Gipfel

Mein persönliches Schmankerl: den kurzen Gipfelaufschwung hinunter werden wir abgeseilt. Das hätte ruhig länger dauern dürfen!

Das Bergpanorama ist der Wahnsinn und das Wetter auch. Die obligatorische Gipfelschoki wird beim Blick auf die umliegenden Berge rumgereicht und es bleibt zum Glück ein bisschen Zeit zum „Genießen“!

Alle treffen happy wieder in der Hütte ein und der ein oder andere, inklusive mir, hüpft tatsächlich in den ca. 5°C „warmen“ Bergsee! Eine Abkühlung der besonderen Art!

Später lassen wir den Tag bei einem Getränk in der Hütte Revue passieren. Wir hatten richtig Glück: Wetter, Verhältnisse, Verpflegung, Bergführer, Group Vibes. So eine tolle Erfahrung!

Den Abschluss der Tour am nächsten Tag bildet ein ca. 1,5h Klettersteig der Schwierigkeit B/C. Das stellt eine richtig coole Abwechslung dar und es ist erstaunlich, wie viel man doch noch lernt, wenn einen der Bergführer an das Thema Klettersteig heranführt.

Danke an alle, die dieses Erlebnis zu einem Besonderen gemacht haben!

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