Die Reisegruppe am Thorong La Pass

Die Annapurna-Runde – Über den Thorong La

Unser Kollege Alex war auf dem Annapurna Circuit, einem der schönsten und abwechslungsreichsten Trekkings der Welt.

11. April, pünktlich gegen 14 Uhr startet der Flieger aus München. Sofort schalte ich in den Urlaubsmodus, die Vorfreude steigt. Endlich wieder Nepal! Drei Wochen Trekking um die Annapurna stehen bevor. Im Flugzeug wird Champions League übertragen, das ist super! Bayern wird 3:0 von ManCity vermöbelt, das ist schlecht!

Nach Ankunft in Kathmandu werden wir nach den obligatorischen Einreiseformalitäten freundlich von unserem Guide Peter in Empfang genommen. Der Ankunftstag steht ganz im Zeichen des Ankommens und der Vorbereitung auf das anstehende Trekking: der eine kauft noch eine Sonnenbrille und T-Shirts, der andere holt im Hotel etwas Schlaf nach. Am Abend treffen wir uns zum ersten gemeinsamen Abendessen und lernen einander kennen. Dann geht’s auch schon zeitnah ins Bett, wir wollen alle möglichst erholt aufbrechen.

Am Tag drauf lernen wir nach dem Frühstück unsere Crew kennen. Peter kennen wir ja schon. Unterstützt wird er von seinem Freund und Assistenzguide Prem, der wie Peter aus dem Solu Khumbu kommt. Komplettiert wird das Team von den Trägern Pasang, Dawa, Bhatur und Sager, welche wir in den kommenden Wochen mehr und mehr zu schätzen und zu bewundern lernen werden. Wir steigen in den Bus und machen uns auf nach Ngadi, dem Ausgangspunkt unseres Trekkings. Die Fahrt ist etwas langwierig, das Gewackel auf den Straßen wirkt fast einschläfernd. Am Nachmittag erreichen wir unser Ziel und nach einem kurzen Spaziergang durch die Umgebung essen wir zu Abend.

Heute geht’s los! Bei angenehmen Temperaturen und leichtem Sonnenschein machen wir uns ausgehend von etwa 800m Höhe langsam auf durchs Tal. Noch scheint es undenkbar, dass wir all die warmen Sachen, die wir dabeihaben, überhaupt brauchen werden. Wir werden es aber früh genug herausfinden! Die gute Sicht lässt zunächst noch etwas auf sich warten, es ist leicht diesig. Gelegentlich kann man die Bergkulisse erahnen, aber noch lässt sie uns zappeln. Dennoch kommen wir gut gelaunt an unserem Tagesziel Jagat an.

Nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg. Der erste Teilabschnitt führt uns noch auf der Straße aufwärts. Sehr bald biegen wir aber links ab und steigen über viele Stufen hinauf auf eine alternative Route. Hier bekommt man von dem Verkehr, der zwar selten aber staubig ist, nichts mehr mit. Der Weg führt durch kleine Dörfchen, wo viel Landwirtschaft betrieben wird. Peter bringt uns die einzelnen Pflanzen und Gemüsesorten näher. Das letzte Stück gehen wir wieder auf der Straße, bevor wir in Dharapani ankommen. Hier nehmen wir im gemütlichen Ghurkas Inn unsere Schlüssel entgegen und checken ein. Beim abendlichen Würfelspiel schmiere ich ziemlich ab, aber meine gute Stimmung hält das aus. 

Am Tag drauf haben wir zum ersten mal super Wetter! Die letzten Pessimisten, die mit einer langen Hose gestartet waren, gehen schon bald zum Umziehen ins Gebüsch. Wir sehen zum ersten mal die umliegenden Berge. Der Ngadi Chuli baut sich vor uns auf und später sehen wir auch unseren ersten 8.000er, den mächtigen Manaslu. Unser Weg führt uns heute wieder abseits der Straße durch einen ruhigen Wald. Hier genießen wir die meditative Stille und sehen auch ein paar Rhododendren. Die Blüte ist hier eigentlich schon vorbei, ein paar letzte tapfere Exemplare haben aber noch etwas von ihrer Pracht erhalten. Trotz all dieser wundervollen Natur ist aber das Mittagessen in Timang im Oasis Guest House das heimliche Highlight des Tages. Jeder in der Gruppe ist von den aufgetischten Gerichten begeistert, egal ob Dal Bhat oder gefüllte Frühlingsrolle.

Anschließend demonstriert unsere Crew uns unsere Höhendruckkammer. Sehr interessant natürlich, aber keiner hat vor, das Ding wirklich zu benutzen. Kurz bevor wir unser Tagesziel Chame erreichen, bilden sich um die Gipfel der Berge Wirbel aus Wolken und vermutlich Schnee. Dazu gesellt sich ein kleiner Regenbogen. Es ist herrlich! Glücklich und erschöpft beziehen wir unsere Zimmer im Marsyangdi Mandala.

Die Nacht war bereits recht kalt, in der Früh sehe ich meinen eigenen Atem. Danach geht es erst mal wieder auf die Straße. Hier bewährt sich das Halstuch, das ich umhabe, da immer wieder mal kleinere Staubwolken aufgewirbelt werden. Auch wenn die Straßen hier natürlich die Landschaft nicht verschönern, ist es aus Sicht der Bevölkerung logisch, dass sie gerne eine bessere Infrastruktur hätten.

Bald biegen wir aber wieder von der Straße ab und wandern erneut durch traumhaft ruhige Wälder. Heute sehen wir das erste Mal Lamjung, Annapurna II und IV. Das Panorama ist klasse! Die letzte Etappe führt durch karge Landschaft nach Pisang. Die Zimmer mit Blick in Richtung Bergkulisse sind ein Traum. In Pisang besichtigen wir noch das örtliche Kloster, wo Peter uns mit allerlei interessanten Infos zum Buddhismus füttert. Anschließend noch ein kleiner Streifzug durch Lower Pisang und Abendessen.

Nach einer erholsamen Nacht probieren wir uns morgens an der Technik unserer Träger. Wir schnallen uns die Taschen um die Stirn und spazieren ein bisschen im Kreis. Die Tagesetappen sind mit kleinem Gepäck schon fordernd. Hut ab vor den Jungs! Das Wetter ist heute sensationell! Über kleine Dörfchen geht es heute bis nach Manang. Der Weg ist breit genug, dass man auch mal eine Zeit lang den Kopf hochnehmen kann, um die umliegende Bergwelt zu genießen. Die kleinen Steinhäuschen in Ghyaru sind neben der traumhaften Aussichtsplattform ein absolutes Highlight. Abends erreichen wir Manang, wo wir nochmal die Gelegenheit haben, auf Einkaufstour zu gehen, um uns für die kommenden Tage in der Höhe zu rüsten: last minute gehen Sonnenbrillen, Ponchos, Mützen und Spielkarten über die Ladentheke, dazu etablieren sich Snickers und Bounty als inoffizielle zweite Währung.

Am Tag drauf steht Akklimatisation auf dem Programm. Von Manang ausgehend steigen wir etwa 1.150m in die Höhe. Unterwegs haben wir erneut das Bergspektakel zu praktisch jedem Moment. Dazu allerhand Yaks. Durchaus fordernd heute, langsam spürt man die Höhe so richtig. Aber Peter gibt ein gemächliches Tempo vor, achtet auf ausreichend Trinkpausen und erklärt uns auch hier und da etwas über die Route und sorgt insgesamt einfach dafür, dass es allen gut geht und dass jeder die Etappe schafft. Inzwischen nennen wir Peter eigentlich nur noch „Sausi“ (= Chef), wahlweise auch Ramro Sausi (= super Chef) oder Mausi (bei sprachlichen Problemen).

Das Highlight ist der See auf ca. 4.600 m. Berge im Rücken, See vor der Nase. An einem kleinen windgeschützten Fleck packen wir unser Mittagessen aus und genießen neben der Landschaft etwas Yakkäse, Sandwiches und die obligatorischen Bountys und Snickers. Beim anschließenden Abstieg geben wir etwas Gas, da das Wetter zuzieht und wir gerne im Trockenen ankommen wollen. Kaum angekommen, fängt es leicht zu regnen an. Uns kann das egal sein: In der Stube ist es dank des knisternden Holzofens kuschelig warm und wir lassen den Tag bei einem gemütlichen Bierchen ausklingen. Noch zwei Tage bis zur Passüberquerung, wir fühlen uns bereit!

Thorong Phedi

Um 7 Uhr Aufbruch nach Yak Kharka. Nach Manang hört die Straße auf, ab sofort ist von Beginn an Stille. Der Weg ist schön und gut zu laufen. Gegen Mittag erreichen wir bereits unser Ziel. Nach der anstrengenden Etappe vom Vortag ist das auch vollkommen okay so. Nach dem Mittagessen unternehmen wir noch eine kleine Akklimatisationstour. Nur ein paar hundert Meter den Hausberg hoch. Da es recht neblig ist, sehen wir nicht viel, aber die Wanderung macht Spaß.

Anschließend gönne ich mir für 200 Rupie eine heiße Dusche. Die wäre vermutlich auch das Zehnfache wert, es ist sensationell! Anschließend spielen wir in der Stube noch ein Spiel namens Carrom. Es erinnert von der Grundidee an Billard, nur dass die Scheiben mit den Fingern geschnippt werden. Macht tierisch Spaß, aber wir sind (vor allem im Vergleich zu unseren nepalesischen Freunden) erbärmlich schlecht. Am Abend wird es gut kalt, das erste Mal kommt der Anorak im Schlafsack zum Einsatz. Wir nähern uns dem Ziel!

Am folgenden Morgen wehen erste Schneeflocken vor der Lodge. Wir sind entzückt!

Das Ziel heute: Thorong Phedi, das Basecamp zum Pass sozusagen. Als wir aufbrechen, sind wir alle mächtig eingepackt. Gefühlt wird das Schneetreiben mit jedem Meter stärker, schon bald sind wir komplett eingeschneit und auch der Weg ist komplett weiß. In unserer Lodge ist heute reger Betrieb, richtig wuselig hier. Die Zeit bis zum Mittagessen vertreiben wir uns mit Kartenspielen und Schach. Auch heute unternehmen wir eine kleine Akklimatisationstour, davon kann man nie genug haben. Außerdem ist es ein guter finaler Test für Skihose und Co. Nach dem Abendessen schwört uns Peter auf den kommenden Tag ein. Wir starten gegen 4 Uhr, Stirnlampen nicht vergessen!

Die Nacht war unruhig. Es ist beißend kalt und die Atmung teils flach. Normal auf der Höhe, hält man gerne aus. Nach einem kleinen Frühstück brechen wir mit etwas Verspätung auf. Gemächlich bewegt sich die Karawane nach oben. Bei Sonnenaufgang befinden wir uns bereits im High Camp, knapp unter der 5.000er Grenze. Nach dem verschneiten Vortag haben wir heute Kaiserwetter. Keine Wolke weit und breit, der Schnee glitzert von allen Seiten. Wir alle holen uns Sonnenbrände unter der Nase, der Fleck liegt im toten Winkel! Aber die Ausblicke in alle Richtungen sind atemberaubend

Nach und nach legen wir Kleidungsschichten ab, in der Sonne wird es trotz der Höhe einigermaßen warm. Heute zahlt es sich aus, dass wir bis an die Zähne mit Oreos, Bountys und Snickers bewaffnet sind. Immer wieder machen wir kleine Pausen, um etwas Zucker nachzuschießen. Meter für Meter kämpfen wir uns hoch, bis wir schließlich den Thorong La, 5.416 m, erreichen. Wir klatschen ab, machen ein paar Gruppenfotos und genießen die 360° Aussicht auf die Berge

Nach wenigen Minuten machen wir uns bereits wieder auf, die Höhe setzt uns doch einigermaßen zu und wir haben noch schlanke 1.600 m Abstieg vor uns. Beim Mittagessen sind wir ziemlich geschafft, es geht eine Runde Ibuprofen rum. Ein letztes Mal raffen wir uns auf und gehen das restliche Stück bis Muktinath. Dort werden wir mit heißen Duschen und dem bis hierhin besten Dal Bhat belohnt. Wir sitzen noch ein bisschen zusammen, bevor der Reihe nach jeder zu Bett geht. Es war ein langer Tag.

Heute steht Kultur auf dem Programm! Nach dem Frühstück geht’s hoch zur Pilgerstätte in Muktinath. Hier kommen sowohl Hindus als auch Buddhisten zusammen. Peter erklärt uns geduldig das Wasch-Prozedere und die religiösen Hintergründe. Der kleine Tempel, die 108 Wasserspeier sowie das wuselige Treiben um uns herum verzaubern uns. Danach steht wieder wandern auf dem Programm, Tagesziel Kagbeni. Wir sind inzwischen in Mustang, die Landschaft ist sehr karg und unterscheidet sich deutlich von den letzten Tagen. Gleich bleibt nur das spektakuläre Panorama. 

In Kagebeni beziehen wir unsere Zimmer im Lhasa Hotel und besuchen das örtliche Kloster, welches definitiv einen Besuch wert ist. Danach haben wir noch etwas Zeit, das Städtchen auf eigene Faust zu erkunden. Die verwinkelten Gassen, die kleinen Dächer und die geheimen Wege wecken eine kindliche Freude in uns. Obwohl wir eigentlich ziemlich müde sind, bleiben wir doch bis Einbruch der Dunkelheit draußen. Zum Abendessen gibt es heute Yak-Steak. Erschöpft und glücklich geht’s ins Bett. 

Den kommenden Tag verbringen wir überwiegend im Bus. Wir legen die Teilstrecke bis Ghasa auf Reifen zurück. Unterwegs halten wir in Marpha. In diesem schmucken kleinen Städtchen decken wir uns mit Souvenirs ein. Nach Ankunft in unserer Lodge am Nachmittag setzen wir uns auf einige Runden Tee zusammen und spielen Karten. Draußen regnet es, daher passt dieser gemütliche Tag wunderbar. Gegen Abend probieren wir auch den lokalen Apfelschnaps – lecker!

Am Morgen drauf ist die Sonne zurück! Wir wandern bei inzwischen wieder deutlich wärmeren Temperaturen in kurzen Hosen und T-Shirts durch schöne Wälder, die Landschaft mutet beinahe tropisch an. Die beißende Kälte von Thorong Phedi verblasst bereits. Das Mittagessen im New Kaligandaki Restaurant ist sensationell und könnte neben dem Dal Bhat in Mustang die beste Mahlzeit der gesamten Reise gewesen sein. Am Nachmittag erreichen wir unser Tagesziel Tatopani und besuchen nach einer kurzen Pause die heißen Thermen. Sehr entspannend und die 150 Rupie definitiv wert.

Nach dem Frühstück geht’s nach einer sehr kurzen Etappe Straße über eine Hängebrücke und zurück in die Idylle. Es geht durch kleine Dörfer, wir sehen Rhododendren, Mandarinen, Schmetterlinge und vieles mehr. Gegen Mittag erreichen wir bereits Shikah. Ein Teil der Gruppe beschließt, die umliegenden Dörfer zu erkunden, der andere Teil nutzt den Nachmittag, um etwas Schlaf nachzuholen.

Heute machen wir uns auf den Weg nach Ghorepani. Von hier aus werden wir das letzte Highlight unserer Tour besuchen, den Poonhill. Der Weg führt uns durch verlassene Dörfchen und Wälder. Ghorepani floriert geradezu. Unsere Zimmer in der Hungry Eye Lodge haben einen Balkon zur Bergkette hin, hier kann man bei einem gemütlichen Kaffee die Aussicht auf Dhaulagiri, Fishtail und Co. genießen. Wir entscheiden in der Gruppe, dass es wegen der schlechten Wetteraussicht mehr Sinn macht, am Tag drauf in der Früh auf den Poonhill zu steigen. Beim Abendessen schwören wir uns das letzte Mal auf eine frühe Aufstehzeit ein.

Wecker um kurz nach vier, die Stirnlampe und Handschuhe hab ich am Abend zuvor bereits herausgekramt. Pünktlich um 4:40 Uhr geht’s los. Etwa 40 Minuten dauert der Aufstieg. Oben ist es zwar ein bisschen bewölkt, dennoch hat man einen phantastischen Ausblick. Wir genießen ein letztes Mal die Pracht der Bergriesen, schießen noch ein paar Gruppenfotos und machen uns anschließend auf nach Hille, unserem letzten Stopp, bevor es nach Kathmandu geht. In Hille haben wir unseren letzten gemeinsamen Abend mit der Crew. Es werden viele Dankesworte ausgetauscht, Trinkgelder verteilt, Klamotten verlost, dazu gibt es lecker Dal Bhat und ein, zwei Bierchen.

Die Stimmung ist klasse, wir alle sind stolz auf das Erreichte!

Am Morgen drauf machen wir uns auf den kurzen Marsch in Richtung Birethanti, wo wir abgeholt werden sollen. Unser Fahrer taucht nicht auf, also organisiert Peter kurzerhand ein Taxi und einen Jeep, der uns nach Pokhara bringt. Unseren Inlandsflug nach Kathmandu erwischen wir problemlos. Der Nachmittag ist frei, am Abend treffen wir uns zu unserem Abschiedsabendessen im Nepali Ghar. Dieses haben wir einen Tag vorgezogen, da ein Teil der Gruppe bereits in der Nacht abreist. Es gibt Gyakok, eine tibetische Spezialität. Das Essen ist fantastisch. Wir verbringen einen wunderbaren Abend, tauschen nochmal die ein oder anderen netten Worte aus und verabschieden uns in der Lobby des Malla von einem Teil der Gruppe.

Den Tag drauf verbringe ich im Büro bei den Kollegen in Kathmandu. Ich habe mich schon gefreut, sie wieder zu sehen. Als meine Mitstreiter aber fröhliche Selfies von Swayambhunath schicken, bin ich dann doch etwas neidisch auf die Jungs. Dennoch ist es ein schöner letzter Tag einer spitzenmäßigen Reise.

Nach einer kurzen Nacht werden wir frühmorgens zum Flughafen gebracht. Wir sind schnell durch alle Kontrollen durch, haben noch etwas Zeit zum Entspannen und fliegen mit etwas Verspätung aus Kathmandu los. In Istanbul haben wir noch Zeit für ein kleines gemeinsames Abschiedsbier, bevor wir unsere jeweiligen Anschlussflüge zurück nach Deutschland antreten.

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